Heute möchte ich mit euch über eine bahnbrechende Innovation der Solarindustrie sprechen, die das Potenzial hat, die Kosten für die Solarzellen-Produktion deutlich zu senken und gleichzeitig den Bedarf an Silber zu reduzieren.
Wie ihr vielleicht bereits wisst, wird die Solarindustrie in den kommenden Jahren stark wachsen, aber die hohen Produktionskosten stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar.
Einer der größten Kostenfaktoren ist das teure Silber, das bereits jetzt zu 15% von der Solarindustrie weltweit verbraucht wird. Doch nun gibt es eine vielversprechende Lösung, um Silber durch ein anderes Material zu ersetzen.
Eine Forschungsgruppe des renommierten Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme hat es geschafft, eine Solarzelle zu entwickeln, die ein besseres Preis-Leistungsverhältnis aufweist und gleichzeitig Silber durch ein günstigeres Material (Kupfer) ersetzt.
In diesem Blogbeitrag werde ich euch alles Wichtige über diese innovative Technologie und ihre Auswirkungen auf die Solarindustrie erläutern.
Zu Beginn findest du alle wichtigen Stichpunkte in Kurzform aufgelistet:
- 15% des weltweiten Silberbedarf wird für die Photovoltaikproduktion benötigt
- Silber wird für Kontakte & Leiterbahnen verwendet
- Das neue Verfahren ersetzt bis zu 90% des Silbers mit Kupfer & Nickel
- Neue Methode ist nachhaltiger & günstiger (Kupfer ist bis zu 100 mal günstiger als Silber)
- Das neue Verfahren ersetzt die Maskierung (Isolierung) mit teuren Polymerlacken durch Aluminium (ebenfalls günstiger und nachhaltiger).
Warum ist die Solarindustrie so stark auf Silber angewiesen?
Wie bereits erwähnt, stellt der hohe Silberverbrauch der Solarindustrie ein großes Problem dar, das nicht nur die Produktionskosten in die Höhe treibt, sondern auch den Silberpreis auf dem Weltmarkt beeinflusst.
Tatsächlich enthalten Solarzellen etwa 15% des weltweit geförderten Silbers, hauptsächlich für die Kontakte und Leiterbahnen, die den Strom aus der Siliciumschicht ableiten.
Der steigende Bedarf an Silber in anderen Industriezweigen wie der E-Auto Produktion erhöht den Preis für das Edelmetall zusätzlich. Derzeit macht Silber bereits einen Preisanteil von etwa 10% der Solarzellenproduktion aus, und dieser Anteil wird voraussichtlich weiter steigen.
Es wird sogar befürchtet, dass es langfristig zu Versorgungsengpässen kommen könnte, da die Solarindustrie allein in Deutschland bis 2030 um 30% wachsen soll und weltweit bis 2040 sogar von einer Verzehnfachung die Rede ist.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es umso wichtiger, dass Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut neue Wege finden, um den Silberverbrauch in der Solarindustrie zu reduzieren.
Warum ist Silber für Solarzellen besonders gut geeignet?
Bisher wurden Solarzellen hauptsächlich durch Siebdruck mit Silber beschichtet, um elektrische Leiter zu erzeugen. Silber besitzt besondere Eigenschaften, da es an der Oberfläche weniger oxidiert als andere Metalle.
Aus diesem Grund eignet es sich besonders gut für den Siebdruckprozess, da andere Metalle wie Kupfer aufgrund ihrer Oxidationsschicht nicht einfach auf die Oberfläche der Solarzellen aufgebracht werden können.
Die Oxidationsschicht würde den Stromfluss blockieren, was die Effizienz der Solarzellen reduzieren würde. Aus diesem Grund wird an anderen Methoden geforscht, um Kupfer als Ersatz für Silber in der Produktion von Solarzellen einzusetzen.
Warum wäre Kupfer die “bessere“ Alternative?
Ein wichtiger Punkt, der für die Nutzung von Kupfer als Ersatz für Silber in der Produktion von Solarzellen spricht, ist die Verfügbarkeit und der Preis des Metalls.
Im Vergleich zu Silber ist Kupfer in etwa um den Faktor 1000 mal häufiger vorhanden und weitaus preiswerter.
- Der aktuelle Preis (Feb. 2023) für eine Tonne Kupfer beträgt etwa 8.500 €
- Der aktuelle Preis (Feb. 2023) für eine Tonne Silber liegt bei etwa 650.000 €
Insbesondere in Deutschland steht Kupfer aufgrund der hohen Recyclingquote und der Verfügbarkeit von Kupfererzen in ausreichender Menge zur Verfügung.
Darüber hinaus ist die Gewinnung von Kupfer im Vergleich zu Silber wesentlich umweltverträglicher und weniger energieintensiv.
Frühere Versuche, Kupfer in Form von Kupferpaste für Solarzellen zu verwenden, waren schwierig, da das Kupfer das Siliziummaterial schädigen und die Leistung der Solarzellen drastisch reduzieren konnte.
Das neue Galvanikverfahren soll endlich Abhilfe schaffen!
Durch die Galvanotechnik des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) konnte das Problem der Verwendung von Kupfer in Solarzellen erfolgreich gelöst werden.
Die ISE-Forschungsgruppe hat eine galvanische Beschichtungsmethode entwickelt, bei der das Kupfer in die Solarzellen eingebettet wird.
Dadurch sind die Wirkungsgrade und Leistungen der Solarzellen mindestens genauso hoch wie bei Leitern mit Silber. Das ISE hat sowohl für Topcon– als auch für Heterojunction-Solarzellen galvanische Beschichtungsverfahren entwickelt und erfolgreich getestet.
Zu Beginn: Wie ist eine Siliziumzelle aufgebaut?
Siliziumzellen bestehen aus zwei Bereichen mit unterschiedlicher Leitfähigkeit: dem n-leitenden und dem p-leitenden Bereich.
- Im n-leitenden Bereich bewegen sich negativ geladene Elektronen, die durch die Beimischung von Phosphor ein Elektron mehr als Silizium besitzen.
- Im p-leitenden Bereich hingegen befinden sich positiv geladene Teilchen, die durch die Beimischung von Bor ein Elektron weniger als Silizium besitzen.
Bei Topcon-Zellen ist der endotrierte Bereich dicker und hat einen besonderen Aufbau auf der Rückseite, wodurch sie besonders widerstandsfähig sind.
Heterojunction-Solarzellen sind eine Kombination aus kristallinen und Dünnschicht-Modulen und werden als Hochleistungszellen mit besonders hoher Effizienz bezeichnet.
Die beiden Zelltypen sind bifazial, was bedeutet, dass sowohl die Vorder- als auch die Rückseite zur Stromproduktion beitragen.
Dies führt zu einer besonders hohen Effizienz. Allerdings erfordert diese Technologie auch einen höheren Material- und Leiterbedarf, da beide Seiten verkabelt werden müssen.
Genau an dieser Stelle kommt das neue Galvanikverfahren der ISE ins Spiel!
Die ISE hat ein Galvanikverfahren entwickelt, das grundsätzlich ähnlich wie herkömmliche Verfahren zur Herstellung von Mikrochips und Leiterplatten funktioniert.
Jedoch hat die Erforschung des Prozesses aufgrund der hohen Wirkungsgrade der Solarzellen und der damit verbundenen industriellen Anwendungsmöglichkeiten enorm viel Zeit in Anspruch genommen.
Das Verfahren ist mittlerweile eine wichtige Benchmark und ermöglicht eine kosteneffiziente industrielle Herstellung von Solarzellen. Bis zu 5000 Zellen pro Stunde können durch das Verfahren hergestellt werden.
Wie funktioniert das neue Verfahren?
In einem galvanischen Bad befindet sich eine Art Wanne. Indem wir Strom an die Anode senden, die mit dem Pluspol verbunden ist, legen wir das Material auf, das wir beschichten möchten, wie zum Beispiel Kupfer in unserem Fall.
Das Teil, das wir beschichten möchten, also unsere Solarzelle, befindet sich an der Kathode, die mit der negativen Seite verbunden ist.
Durch den elektrischen Strom werden geladene Metallteilchen von der Anode gelöst und lagern sich durch Reduktion an der Kathode ab, wodurch der jeweilige Gegenstand gleichmäßig mit dem entsprechenden Metall überzogen wird.
Je höher der Strom ist und je länger der Gegenstand im Bad bleibt, desto stärker wird die Metallschicht.
Was macht die neue Solarzelle so besonders?
Die Forschungsgruppe des ISE hat die Topcon-Zelle mithilfe einer galvanischen Überzugsmethode mit Nickel, Kupfer und Silber beschichtet.
Diese Methode ermöglicht eine Senkung des Silberbedarfs um 90%. Zudem sind die Kupferleiter durch Laserstrukturierung besonders schmal, mit einem Durchmesser von nur 19 Mikrometern.
Dadurch wird die Abschattung der Siliziumschicht verringert im Vergleich zu herkömmlichen Leitern aus Silber. Eine dünnere Schicht bedeckt somit weniger Fläche.
Diese Optimierung der Leistung und des Stromertrags führt zu einem Spitzenwirkungsgrad von etwa 24%, was etwa 0,5% höher ist als bei vergleichbaren Zellen, die mittels Silber-Siebdruck bearbeitet wurden.
Die Heterojunction-Zellen können mithilfe der beschriebenen Methode ähnliche Ergebnisse erzielen wie herkömmliche Zellen, allerdings mit dem günstigeren Kupfer.
Hat die neue Methode auch noch weitere Vorteile?
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Aspekt zu beachten. Damit nur die Kontakte und Leiter der Solarzelle mit Kupfer beschichtet werden, verwendet man die Maskierungsmethode.
Dabei werden die nicht zu beschichtenden Teile der Solarzelle isoliert, um zu verhindern, dass sie Strom leiten und beschichtet werden. Normalerweise werden teure Polymerlacke oder -folien für diese Maskierung verwendet, deren Entsorgung jedoch aufwändig ist und viel Abfall verursacht.
Das Forschungsteam hat jedoch erfolgreich Aluminium als Ersatz für diese Polymere eingesetzt. Obwohl Aluminium eigentlich elektrisch leitfähig ist, kann es durch eine Oxidschicht, die sich aufgrund von Luftkontakt bildet, als elektrischer Isolator eingesetzt werden.
Aluminium eignet sich normalerweise nicht zur Maskierung, aber das Team konnte eine Methode entwickeln, um dies zu umgehen.
Der Vorteil von Aluminium und Kupfer ist, dass sie vollständig recycelbar sind, was sowohl den Preis als auch die Nachhaltigkeit verbessert.
Fazit: Kupfer statt Silber Photovoltaik
Das Spin-Off Unternehmen PV2+, welches mit dem Frauenhofer Institut zusammenarbeitet, untersützt Hersteller mit dem neuen galvanischen Verfahren für die Herstellung von Solarzellen.
Ab diesem Jahr wird es Pilotproduktionen geben und in Zusammenarbeit mit Partnerfirmen werden auch optimierte Topcon-Zellen entwickelt.
Diese Entwicklungen scheinen vielversprechend und sollen zeitnah in der Realität ankommen. Das ist sehr interessant für den Ausbau von PV-Anlagen und um klassischen PV-Anlagen Konkurrenz zu machen.
Das neue Verfahren macht Hoffnung, das der Preis und die Nachhaltigkeit von Photovoltaik-Modulen immer besser wird.